„Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns das Wohnrecht klaut“ skandiert die Menschenmenge am Eingang des Wohngebietes Oybaum in Kalkar. Viele der Betroffenen halten ihre mitgebrachten Protestschilder hoch. Über ihnen schwebt die Kameradrohne eines Fernsehsenders. Diesmal ist Kabel 1 vor Ort – sogar an zwei Drehtagen wird recherchiert und gedreht. Als einziger Kalkarer Kommunalpolitiker dabei ist der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kalkarer Stadtrat, Walter Schwaya. Was er bereits vor einigen Monaten prophezeit hat, ist Realität geworden: die Problematik des dauerhaften Wohnens in Wochenend- und Ferienhausgebieten zieht Kreise. Auch wenn manche Politiker in Stadt, Kreis, auf Bezirks- und Landesebene die Dimension und Tragweite noch nicht erkannt haben, oder erkennen wollen, die Medien sind am Thema dran. Oybaum ist dabei der Präzedenzfall. Er steht für zigtausend persönliche Schicksale in NRW und bundesweit.
Es gibt sicherlich nicht viele Situationen im Leben, die wirklich existenzbedrohend sind. Man kann sich leicht vorstellen, welche Sorgen sich die Bewohner des Oybaum-Gebietes machen. Zu den Zukunftsängsten kommt eine unterschwellige Wut. Die Menschen fühlen sich von der Stadt und den übergeordneten Behörden verschaukelt, hintergangen, arglistig getäuscht, betrogen und jetzt nicht ausreichend verstanden und vertreten. Immerhin haben nicht nur Sachbearbeiter, sondern auch leitende Beamte, der Bürgermeister und der Stadtdirektor der Stadt Kalkar schriftlich bestätigt und persönlich dafür geworben, dass die Meldung des Hauptwohnsitzes am Oybaum möglich und erwünscht ist. Kreis, Bezirks- und Landesregierung haben das geduldet. 30 Jahre haben sie weggeschaut und geschlafen. Jetzt sind sie aufgewacht – und sorgen dafür, dass die Bewohner schlaflose Nächte haben. In einem Wochenendhausgebiet sei der Lebensmittelpunkt und damit ein Hauptwohnsitz nicht möglich, hat der Kreis Kleve auf Anordnung der Bezirksregierung ersten „Oybaumern“ mitgeteilt und sie unter Androhung von Zwangsgeld zur Räumung aufgefordert. – Wer soll da verstehen, was die Stadt Kalkar bescheinigt hat?
Warum die Behörden nach Jahren des Schweigens jetzt plötzlich aktiv werden, bleibt ein Rätsel. Genauso wie sich manche Menschen fragen, ob die Anordnung von „Schreibtischtätern“ aus dem fernen Düsseldorf kommt, die hinter dem vollerschlossenen Wohngebiet mit schmucken, kleinen Einfamilienhäusern am Oybaum eine Laubensiedlung vermuten. Bei einer Durchsetzung der Räumung ständen 250 Menschen auf der Straße und 120 Häuser leer. Häuser, die als Wochenendhäuser für eine Vermietung nicht zugelassen sind und für die sich wegen der drohenden Nutzungseinschränkung bereits jetzt keine Käufer mehr finden lassen. Die Häuser und das ganze Wohngebiet würden der Verwahrlosung preisgegeben. Nicht nur die Bewohner fragen sich: Warum wird hier Wohnraum vernichtet, während die Bundes- und Landesregierung gleichzeitig millionenschwere Förderprogramme zur Beseitigung der Wohnraumknappheit auflegen?
Warum sich die Kalkarer Bürgermeisterin Dr. Schulz und die Stadtverwaltung mit Oberbaurat Sundermann nur halbherzig für die Kalkarer Bürger der Ortsteils Hönnepel einsetzen, kann auch nur vermutet werden. Vielleicht befürchtet man im Kalkarer Rathaus, dass man auf Grund der Fehler in der Vergangenheit mit Regress- und Schadensersatzforderungen rechnen muss. Anscheinend vergisst man im Rathaus dabei, dass diese Forderungen erst recht kommen werden, wenn es keine Lösung im Sinne der Kalkarer Oybaum-Bürger gibt. Walter Schwaya ist sich sicher: „Wer nichts mehr zu verlieren hat, der wird erst recht kämpfen!“
Bildnachweis: Copyright der Bilder liegt bei der Bürgerinitiative Oybaum und wurde uns freundlicherweise zur Nutzung zur Verfügung gestellt.
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